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Kaukasusfahrt 1993

Team
Anne Riedel, 21  Christian Walter, 23
Thomas Berthold, 22   Christina Holfeld, 21  Sven Klose, 22
Bericht von Anne Riedel
Dienstag 3.8. Im Zug nach Prag kommt bei mir zum ersten Mal Urlaubsstimmung auf, da ich jetzt endlich die stille Hoffnung hegen kann, daß nichts mehr zu packen, zu stopfen und zu organisieren ist.
In Prag haben wir vier Stunden Aufenthalt, 18.30 Uhr begeben wir uns dann zum Zug. Wir teilen uns unsere Schlafwagen Kabine mit einem Russen. Nach einiger Mühe gelingt es uns all unser Gepäck so halbwegs zu verstauen (der Russe hat auch noch mehrere große Kisten) und dann fahren wir schon ab.

Mittwoch 4.8. Geweckt werden wir um 6.00 Uhr morgens vom slowakischen Zöllner. Für uns interessiert er sich nicht weiter, und als er von dem Russen mehrere größere Kronenscheine in die Hand gedrückt bekommt, ist es ihm offensichtlich auch egal, was dieser so durch die Gegend transportiert.
In Tschop fehlt natürlich noch das ukrainische Einreisevisum, also zieht Christian los, um auf irgendeiner Bank 15 Dollar je Person einzuzahlen und dann mit einem schicken roten Stempel im Paß zurückzukommen. Inzwischen wird der Zug auf Breitspur umgestellt.
Als der Zug wieder anfährt schaue ich mir ein Weilchen die Gegend an. Viel aufregendes gibt es nicht zu sehen. In Lwow wird uns dann noch eine Russin zugeteilt, zum Glück mit ganz wenig Gepäck.

Donnerstag 5.8.Wieder werden wir durch einen Zollbeamten geweckt, natürlich wieder früh um 6.00 Uhr. Er interessiert sich aber kaum für uns, ein kurzer Blick in den Paß und wir dürfen weiterschlafen. Pünktlich um 20.15 Uhr kommen wir in Moskau an. Marina holt uns vom Bahnhof ab, und gemeinsam tragen wir unsere 90 kg Gepäck zur Aufbewahrung. Danach fahren wir zum zentralen Flughafenverwaltungsgebäude (aerowoksal), um Flugtickets zu kaufen. Leider haben die Schalter schon zu.
Zu Hause empfängt uns Marinas Mutti. Wir bekommen Plinsen zum Abendbrot und Tee. Aber das Allerbeste nach der Zugfahrt - endlich mal wieder waschen.

Freitag 6.8. Gleich nach dem Frühstück gehts wieder los zum Flughafen. Erst noch Geld tauschen (1 Dollar sind 1000 Rubel), und dann werden die Tickets gekauft. Der Flug von Moskau nach Minwody kostet uns 30000 Rubel. Danach unternehmen wir eine Stadtbesichtigung: einmal kurz durch den Kreml spazieren, die Glocke und die Kanone bewundern, dann am historischen Museum vorbei zum Roten Platz.
Das Leninmausoleum hat geschlossen (die Nachfrage scheint nicht mehr ganz so groß zu sein wie früher), dafür gehen wir in die Basilikakathedrale. Etwas unentschlossen sitzen wir dann herum, die wesentlichen Sehenswürdigkeiten von Moskau sind "abgehakt" und wir suchen noch ein Ziel für den Nachmittag. Also: Bootsfahrt auf der Moskwa.
Nach diesem Tag weiß ich, daß ich in Moskau nicht unbedingt leben möchte, die ganze Stadt erscheint mir grau, öde, trostlos und ziemlich dreckig, mit ganz vielen Neubaugebieten. Wir holen unser Gepäck vom Kiewer Bahnhof und fahren zu Marina nach Hause.

Samstag 7.8. Zeitiges Aufstehen ist angesagt (4.30 Uhr), da wir 6.30 Uhr am Flughafen sein müssen. Marina bringt uns noch bis zum Flughafenexpress. Während ich in Minwody auf die Rückgabe unserer Rucksäcke warte, zieht Christian los, um sich um Bustickets Richtung Terskol zu kümmern und findet heraus, daß ein Bus zwar theoretisch fährt, ob aber heute und wenn ja wann steht noch nicht fest. Das hängt davon ab, ob sich irgendwo ein Bus auftreiben läßt. Wenn nicht heute dann sicher morgen oder übermorgen......
Zum Glück will eine japanische Reisegruppe mit eigenem Bus nach Terskol und wir dürfen bei ihnen mit einsteigen. Der Bus fährt knappe drei Stunden bis zum Hotel Itkol. Leider bekomme ich von der Fahrt durchs Baksantal nicht viel mit, da ich schlafe. Im Hotel wird uns gesagt, daß es nur für mindestens drei Nächte möglich ist, im Hotel zu übernachten. Irgendwie gelingt es Christian aber mal wieder, die Dame in der Rezeption davon zu überzeugen, daß es sehr gut auch möglich wäre, nur eine Nacht zu bleiben. Die Rucksäcke werden ausgepackt und das Essen für die nächsten 13 Tage zusammensortiert. Der Rest des Essens wird verpackt und mit allem nur irgendwie entbehrlichen zu Frau Kurdanowa nach Terskol gebracht. Dort angekommen richten wir schöne Grüße von Robert aus und werden freundlich empfangen. Christian unterhält sich mit Mutter und Tochter und mir bleibt nur zu erahnen, worum es sich in dem Gespräch dreht. Rückzu werden wir, wie schon auf dem Hinweg, von einem Auto aufgelesen und sind so schnell wieder im Hotel.

Pik Kawkas - unsere erstes ZielSonntag 8.8.Der Bus, der 8.30 Uhr ab Itkol fahren soll, läßt auf sich warten, ca. eine Stunde sitzen wir beim Hotel herum, dann kommt einer. Uns stört das nicht weiter, wir haben Urlaub. Am Ortsanfang von Elbrus steigen wir aus und marschieren los Richtung Schchelda- Alplager. Unterwegs treffen wir eine Frau und Christian unterhält sich mit ihr eine Weile im Gehen. Ehrfürchtig trabe ich daneben her und bin ganz platt von Christians Russischkenntnissen.
Aber vermutlich hätte ich auch so kaum Luft zum Sprechen gehabt, die Rucksäcke sind irre schwer, meiner wiegt sicher mehr als 25 Kilo und Christians weit über 30. Einziger Trost: Auf dem Rückweg gehts leichter. Ab Alplager Schchelda, wo uns wider Erwarten keine Bergwacht nach dem Ziel unserer Tour ausfragt und womöglich zurückschickt, gehts schon ziemlich steil aufwärts.
Etwas unterhalb des Gletschers ist ein richtiges Zeltlager aufgebaut, sicher sind all diejenigen hier, denen es im Alplager zu teuer ist. Wir gehen weiter, müssen den Gletscher überqueren, weil wir nicht über den daraus hervorspringenden Bach kommen. Auf dem Gletscher legen wir ein Depot an.
Unser eigentliches Ziel für heute ist der Gletscher im Hochtal unterhalb von Pik Kawkas und Bscheduch. Dafür müssen wir einen ziemlich steilen Hang hinaufsteigen. Über das Geröll am Anfang geht es ja noch, aber danach wird es eine ziemliche Tortur. Im Kletterführer steht, daß steile grasbewachsene Hänge zu überwinden sind, und genau das ist es.
Mühsam suche ich mir irgendwo zwischen dem Gras einen sicheren Tritt und versuche mich an irgendwelchem Gestrüpp festzuhalten. Das ganze ist ziemlich langwierig und so ist schon recht bald abzusehen, daß wir, wenn überhaupt nur sehr spät an unserem Ziel ankommen werden. Außerdem regnet es.
So macht Christian irgendwann den Vorschlag, ob wir nicht schon hier unser Zelt aufschlagen wollen. Dankbar nehme ich an, aber leider ist ein entsprechender Platz gar nicht so einfach zu finden, und so müssen wir uns noch fast eine Stunde durchs Rhododendrongebüsch kämpfen ehe wir etwas halbwegs passendes gefunden haben.
Völlig am Ende lasse ich dann meinen Rucksack fallen und kann nur noch aus sicherer Entfernung zuschauen wie Christian das Zelt aufbaut.
Dann werde ich erst mal in den Schlafsack gesteckt, während Christian sich um Wasserholen und Essen Kochen kümmert.

Pik Kawkas und Bscheduch über dem Schchelda-Gletscher Montag 9.8. Noch am späten Abend hatte es geregnet, und da keiner von uns beiden so richtig Lust hat, durch das nasse Gras zu stapfen und das Frühstück zu machen, beschließen wir, mit dem Aufstehen zu warten, bis die Sonne unser Zelt erreicht hat.
Zum Glück läßt sie sich damit Zeit und so fangen wir erst nach 9.00 Uhr an, erste Vorbereitungen fürs Aufstehen zu treffen. 12.00 Uhr ist es dann endlich soweit, die Rucksäcke sind gepackt und der Kampf mit den Rhododendronbüschen kann wieder losgehen.
Es ist dann aber nur noch ein kurzes Stück so steil und schon bald können wir uns wieder wie jeder normale Mensch auf unseren zwei Beinen vorwärtsbewegen. Schon nach knapp zwei Stunden erreichen wir das Ende der Moräne wo wir unser Lager aufschlagen werden.
Aber bevor irgendwelcher Streß mit Zeltaufbau, Wasserholen und ähnlichem anfängt, liegen wir erstmal bei schönstem Sonnenschein auf unseren Isomatten und bestaunen die Landschaft.
Um uns herum sind nur schroffe Berge, viele mit weißen Mänteln verziert. Nicht weit von uns taucht der Elbrus aus seiner Wolkenhülle auf und zeigt sich in seiner ganzen majestätischen Größe. Außer dem Rauschen des Gletscherbaches und dem gelegentlichen Poltern von Steinen ist nichts zu hören. Ich kann mir kaum einen schöneren und friedlicheren Platz vorstellen.

Dienstag 10.8.Um 4.15 Uhr steht Christian auf, um Frühstück zu machen. 4.45 Uhr werde ich dann liebevoll mit heißem Tee und Pudding mit Nüssen und Rosinen geweckt. Das ist zwar kein überzeugendes, aber zumindest ein Argument um mich zum Aufstehen zu bewegen.
Um 5.45 Uhr starten wir. Zirka zwei Stunden geht es bergan auf einem immer steiler werdenden Schneefeld bis zum Einstieg der ersten Kletterstelle. Dort steigt Christian in die Felsen ein, während ich unten warte, sichere und vor allem mordsmäßig friere.
Aufstieg am Pik Kawkas Irgendwo über mir bescheint die Sonne die Felsen und ich wünsche mir nichts sehnlicher als auch zwei, drei Sonnenstrahlen abzubekommen. Endlich ist Christian oben, ich darf losklettern. Die Bewegung tut mir gut, bis auf die Zehen werde ich so langsam wieder warm und als mir dann oben angekommen auch noch die Sonne entgegenlacht bin, ich wieder mit meinem Schicksal versöhnt.
Weiter geht es auf einem steilen Schneefeld bis zu einem Felsgrat, diesen ein Stück entlang, nach rechts wieder auf ein Schneefeld und dieses bergan. Bis jetzt ging alles super, wir liegen zwar nicht ganz in der Zeit, aber mit einer Stunde mehr, als den angegebenen drei bis vier Stunden kann man schon rechnen und wir haben bis jetzt mehr als die Hälfte des Weges (in Höhenmetern) geschafft.
Als Christian allerdings über mir fast eine halbe Stunde an ein und derselben Stelle im Schneefeld zubringt, werde ich etwas ungeduldig. Als er mich dann endlich nachholt, weiß ich aber warum. Unter einer dünnen Schneeschicht ist nur noch blankes Eis, auf dem man auch mit Steigeisen und Eispickel einige Mühe hat zu stehen. Das Problem ist, daß jeder von uns nur ein Eisgerät dabei hat.
Wir versuchen es jetzt seitlich des Schneefeldes im Felsen, aber auch da geht es nach einer Seillänge nicht mehr weiter. Inzwischen sind drei Russen, die ein ganzes Stück nach uns eingestiegen sind, den brüchigen und schuttübersähten Felsgrat auf der anderen Seite des Schneefeldes an uns vorbeigeklettert. Vom Felsgrat stand aber nichts im Kletterführer, auch sieht die ganze Aktion, und das noch ohne Seil, etwas gewagt aus.
Heikler Quergang mit nur einem Eisgerät Bald geht es auf unserer Seite gar nicht mehr und uns bleibt nichts weiter übrig, als noch einmal die Eisrinne zu queren und dann irgendwie zu versuchen, auf den genannten Felsgrat zu kommen. Vorsichtig tastet sich Christian nach drüben. Als ich losziehe habe ich mächtigen Respekt vor der Wand, mit aller Kraft versuche ich den Pickel ins Eis zu hauen und erschrecke jedesmal, wenn er keinen Halt findet oder die Steigeisen abrutschen. Dabei kann gar nichts passieren, Christian hat mich straff im Seil. Trotzdem bin ich froh als ich endlich drüben angekommen bin.
Es ist jetzt 13.15 Uhr, zu der Zeit dachten wir eigentlich, daß wir zumindest schon kurz unter dem Gipfel wären. Wir fangen an den Grat zu erklimmen. Das geht leichter als es aussah, trotzdem braucht es natürlich Zeit, vor allem durch das Sichern (ca. 20 Minuten je Seillänge).
Aber vor allem Christian ist strikt gegen alle Experimente ohne Seil, und mir ist es eigentlich auch recht so. In einer Scharte treffen wir die Russen, sie sind beim Abstieg und meinen, daß es nicht mehr weit wäre bis zum Gipfel.
Nach drei weiteren Seillängen fragt Christian mich, was ich vom Umkehren halte. Es ist kurz nach 15.00 Uhr, wir sind höchstens 80 Meter unterm Gipfel und würden bis hoch vermutlich nicht viel länger als eine Stunde brauchen. Leicht fällt die Entscheidung wirklich nicht, bis hoch würden wir auf jeden Fall kommen, aber dann wäre es sicher nach 16.00 Uhr und wir wissen ja nicht, wie lange wir für den Abstieg brauchen. Außerdem ziehen dichte Wolken auf.
Schließlich macht Christian den Vorschlag jetzt abzusteigen und es in zwei Tagen noch einmal zu versuchen. Nach langem Zögern kehren wir dann doch um. Ich darf abseilen, Christian steigt hinterher. Ich nehme den Rucksack und bin erstaunt, wieviel Kilogramm Christian noch zusätzlich so durch die Gegend geschleppt hat. Als ich beim Abseilen dann auch noch an einer fest verankerten Schlinge vorbeilaufe, die für uns beide eine wunderbare Abseile geboten hätte, und Christian dann etwas Mühe hat, das darauffolgende Steilstück abzuklettern, bekomme ich den Minuspunkt des Tages.
Um das Übel noch voll zu machen, schlägt ein losgetretener Stein das schöne 60 m Seil entzwei. Maximal 45 Meter haben wir jetzt noch. Auch ich habe einige kleinere Steine abbekommen und bin zum ersten Mal überzeugt davon, daß ein Helm kein Tick von Sicherheitsfanatikern ist, sondern manchmal ein wirklich notwendiger Ausrüstungsgegenstand.
Daß so ein Helm aber leider nur den Kopf schützt, muß ich wenig später feststellen. Wir sind wieder im Schneefeld über der ersten Kletterstelle, über uns bis zum Grat hoch ist nur Schnee. Eigentlich dürften hier gar keine Steine hinabkullern, woher sollten sie auch kommen? Trotzdem erwischt mich einer am Arm und am Bein. Für die nächsten fünf Minuten bin ich erst mal außer Gefecht gesetzt. Der Arm tut ziemlich weh, aber bewegen kann ich ihn noch, also ist sicher nichts gebrochen. Das Abseilen geht zum Glück noch und so erreichen wir irgendwann endlich das große Schneefeld, an dessen Ende ich schon unser Zelt erahnen kann.
Der Schnee ist total weich, der Abstieg kostet uns viel Mühe. In der Abenddämmerung erreichen wir dann gegen 21.00 Uhr unser Zelt. Vor 15 Stunden sind wir von hier aufgebrochen, zurück kommen wir mit nassen Sachen, einem völlig verdreckten, noch dazu gekürztem Seil, einem schmerzenden Arm, einigen blauen Flecken und ohne Gipfelsieg.
Ein zwar erfolgloser, aber dafür sehr erlebnisreicher Tag!

Mittwoch 11.8. Erst mal ist Ausschlafen und Erholen von den Strapazen des gestrigen Tages angesagt. Beim Frühstück werden alle Varianten für die nächsten Tage durchdiskutiert. Nach reichlich fünf Stunden Abstieg mit beständigem Steinschlag hat Christian nicht mehr die geringste Lust, einen neuen Versuch auf den Pik Kawkas zu starten.
Also werden wir ins Schchelda-Tal absteigen und bis zum Aristow-Biwak gehen. Wir finden für den Abstieg einen recht brauchbaren anderen Weg und sind schon nach zwei Stunden am Depot, wo die Rucksäcke wieder so richtig schön schwer geladen werden.
Und dann kämpfe ich mich über den Geröllschutt des Gletschers, ich bin noch viel zu zaghaft und erschrecke jedesmal, wenn unter mir ein Stein wackelt oder wegrutscht. Gemeinsam mit ein paar Russen (3 Männer, 2 Frauen, 2 Kinder) erreichen wir das Biwak und bauen unsere Zelte auf. Nach dem Abendbrot liege ich im Zelt und schreibe Tagebuch. Christian ist verschwunden. Nach einer Weile kommt er kurz vorbei, holt eine Schokolade, erzählt, daß er mit den Russen zusammensitzt und daß es ganz lustig wäre und ist wieder verschwunden.
Ich schreibe weiter Tagebuch und ärgere mich zum ersten Mal wirklich gründlich, daß mein Russisch in einem derart unbrauchbarem Zustand ist. Etwas später lädt mich Valerie dann ein, doch auch mitzukommen. Viel zum Gespräch kann ich zwar nicht beitragen, aber etwas verstehe ich wenigstens und auf jeden Fall ist es besser, als allein im Zelt herumzuliegen.


Donnerstag 12.8. Etwas später als geplant stehen wir auf (früh zeitig war das Wetter noch zu schlecht), frühstücken und packen unsere Sachen. 9.15 Uhr ist dann Abmarsch in Richtung des Deutschen Biwaks. Christian hatte zwar erst die Idee gleich bis zum Uschba-Platau aufzusteigen, aber dafür ist es leider (zum Glück für mich) zu spät und so steht uns eine gemütliche dreistündige Wanderung bevor.
In aller Ruhe werden die Zelte aufgebaut, die Russen gehen auch nicht weiter, sondern biwakieren ebenfalls hier.
Zwischen 14.00 und 15.00 Uhr fängt Christian plötzlich an noch einmal Streß zu verbreiten und obwohl es regnet unternehmen wir einen gemeinsamen Gletscherspaziergang. Unterwegs bewundern wir noch zwei Seilschaften in der Nordwestrippe des Pik Schtschurowski (5B - schwerer gehts schon fast nicht mehr). Was die wohl bei dem Wetter dort oben zu suchen haben? Zurück am Zelt sehen wir ständig Seilschaften vom Uschba - Plateau absteigen. Alle miteinander sehen sie ganz schön abgekämpft aus. Ob wir in ein paar Tagen wohl auch so aussehen? Sicherlich!
"Unsere" Russen erzählen uns, daß dieses Jahr überhaupt noch niemand auf der Uschba war. Ob das stimmt wissen wir natürlich nicht, aber zumindest sieht es so auch für uns erst mal nicht so günstig aus.

Freitag 13.8. Freitag der 13., was will man da schon erwarten!?? Als früh zeitig der Wecker klingelt sieht es ja noch recht gut aus - blauer Himmel überall. Aber schon bald ziehen Wolken auf und innerhalb einer Stunde ist der gesamte Himmel bedeckt. Während und nach dem Frühstück gibt es langwierige Überlegungen dazu, ob wir zum Uschba-Platau aufsteigen oder lieber einen Tag unten bleiben und heute den Pik Volley besteigen wollen. Als wir uns endlich für die zweite Variante entschieden haben, fängt es an zu regnen. Wir wollen abwarten bis sich das wieder gibt, aber als es gegen Mittag immer noch regnet und der Himmel auch nirgendwo Besserung verspricht, sinkt die Wahrscheinlichkeit, daß wir heute noch irgendwohin losziehen gegen Null.
Und so bleibt uns nichts anderes übrig, als den ganzen Tag im Zelt liegend zu verbringen (zum Sitzen ist es zu niedrig), zu schlafen, Tagebuch zu schreiben und Kletterführer zu studieren.
Gegen Abend hört der Regen mal kurzzeitig auf. Die Russen fragen, ob wir nicht gemeinsam Abendbrot essen wollen. Warum nicht? Bei ihnen gibts Spaghetti mit Käse und hinterher Tee und Kekse, wir steuern als Vorspeise eine Champignonsuppe bei. Während der Vorbereitungen gehen Juri, Valerie und dessen Frau noch in ein Wasserloch auf dem Gletscher baden - mir friert es schon vom Zuschauen.
Als das Abendbrot endlich fertig ist, fängt es natürlich wieder an zu regnen und so krabbeln wir alle neun ins 3-Mann-Zelt der Russen und verbringen dort noch einen gemütlichen Abend.

Samstag 14.8. Das Wetter sieht nicht besonders aus. Vorsichtshalber frühstücken wir aber erst einmal. Christian tippt auf Regen innerhalb der nächsten Stunde, ich enthalte mich der Stimme. Mit seiner Prognose behält Christian zwar nicht recht, aber besser wird das Wetter auf keinen Fall. Die Uschba ist schon wieder vollständig in Wolken verschwunden. Jetzt werden erst mal wieder die Führer gewälzt. Nach einer Weile bietet mir Christian drei verschiedene Varianten an: den Tschatyn-Tau-Paß, den Achsu-Gletscher mit Abstieg über das Jusengi-Tal oder Abstieg bis Schchelda-Alplager und dann Richtung Dschantugan.
Ich habe zwar keine Ahnung, was sich hinter den einzelnen Vorschlägen verbirgt, aber da die Entscheidung bei mir liegt, stimme ich für die zweite Variante. Also packen wir wieder mal zusammen und nehmen Abschied von der Uschba.
Die Russen sind so zeitig verschwunden, daß wir uns gar nicht von ihnen verabschieden konnten. Juri hat uns aber noch anderthalb Liter Benzin vorbeigebracht, das errettet uns wirklich aus der Not, wir hätten sonst ganz schön sparen müssen.
Los gehts in Richtung des Aristow-Biwak. In anderthalb Stunden sind wir da, ich darf das Zelt aufbauen, Während Christian noch mal loszieht um die restlichen Sachen aus unserem Depot am Gletscherende zu holen. Eine Stunde braucht er für den Weg hin und zurück, während ich mit Rucksack für nur eine Strecke zwei Stunden benötigt habe! Mit dem Zelt habe ich mich ganz schön gemüht, dafür steht es dann aber auch (laut Christian) wie eine Eins.
Heute habe ich einen Haushaltstag bekommen, und um mich als Hausfrau auch als nützlich zu erweisen, gehe ich Wäsche waschen. Eklig kalt ist das Gletscherwasser, aber irgendwann merkt man es fast nicht mehr.
Um meinen heute durchgebrochenen Drang etwas fürs Gemeinwohl zu tun, nicht ungenutzt vorübergehen zu lassen, erkläre ich mich bereit, das Abendbrot zu kochen. Es gibt Rührei und Bohnensuppe aus der Tüte - sehr lecker, das ersetzt fast die heißersehnte Bratwurst. Hinterher wird noch Schokoladenpudding für das morgige Frühstück gekocht. Und dann ab in die Schlafsäcke, morgen wollen wir wieder mal zeitig aufstehen, es zumindest versuchen.


Sonntag 15.8. Natürlich hat der Wecker wieder mal umsonst geklingelt. Das Wetter war abends schon schlecht geworden und hat sich bis morgens nicht wieder so richtig gebessert. Nur ganz allmählich fangen Wolken und Nebel an sich aufzulösen, bis dann endlich irgendwann auch die Sonne auftaucht, und so dauert es bis ca 11.00 Uhr ehe wir endlich abmarschbereit sind.
Über die Moräne oberhalb des Aristow-Biwaks geht es recht gut. Dann weiter den Achsu-Gletscher aufwärts. Weil dieser recht spaltenreich ist, legen wir das Seil an. Christian freut sich jedesmal, wenn ich vor der Spalte stehen bleibe, erst mal einen prüfenden Blick nach unten werfe ehe ich mich sehr zögerlich und zaghaft zu einem Schritt entschließe.
Als wir uns dann durch die Hälfte des Eisbruchs hindurchgemüht haben, müssen wir feststellen, daß man auch sehr bequem am Rand entlanggehen kann, ohne größere Spalten. Dann geht es über ein Firnfeld nach oben. Bei der zweiten Pause nimmt Christian die Felsnadel gegenüber in ihren Bann und nach einer Weile hat er auch mich davon überzeugt, daß es einfach genial wäre, dort hinaufzuklettern.
Also steigen wir nicht bis zum Ende des Gletschers, sondern schlagen schon hier unser Zelt auf. Als es dann steht, geht Christian sich die Nadel noch einmal genauer betrachten. Nachts fängt es wieder an zu regnen.

Unsere FelsnadelMontag 16.8.Ein vorsichtiger Blick frühmorgens aus dem Zelt - Wolken und Nebel, vor allem aber nasse Felsen, also nichts mit dem Klettern. Wir schlafen aus und frühstücken irgendwann. Wieder wird es gegen Mittag besser, so das wir uns entschließen, doch noch loszuziehen, zur "unbenannten Felsnadel". 12.00 Uhr gehts los, 12.30 Uhr stehen wir am Einstieg.
Die erste Seillänge ist anfangs leicht, mit nur geringer Steilheit, aber sehr brüchig. Irgendwo am Ende der ersten Seillänge hat Christian ein ganzes Weilchen zu basteln. Dort plätschert das Schmelzwasser als muntere Bach über unseren Weg, die Schlingen die ich mir als Nachsteiger umhängen darf sind patschnaß und auch das Seil tropft ganz schön. Weiter oben scheint es dann leichter zu gehen, vor uns liegt eine schneegefüllte Rinne, sicher wird es auf dem Schnee und den Felsen rechts oder links davon recht gut gehen.
Geht es auch, bis auf eine weitere Stelle, an der das Schmelzwasser sich wieder mal ausgerechnet unseren Weg zum Fließen ausgesucht hat. vielleicht ist es ja auch umgekehrt, jedenfalls würde Christian den Weg am liebsten "25 Jahre Wasserkraftkombinat Terskol" oder ähnlich nennen. Um 15.00 Uhr ist an einem sonnigen Plätzchen Pause angesagt, drei Seillängen sind wir bis jetzt gekommen. Auf die Nadel schaffen wir es heute nicht mehr, aber wenigstens bis in die Scharte wollen wir noch klettern, vielleicht haben wir von dort aus einen schönen Blick.
Allerdings ist dann leider bei der übernächsten Seillänge Schluß. Christian kann zwar schon zum Pik Kawkas hinüberwinken, aber um endgültig in die Scharte zu kommen müßte er an einem überhängenden, glatten Block vorbei, der sich festungsartig vor ihm aufgebaut hat. Nach 30 Minuten Bastelei entschließen wir uns zum Rückzug. Es ist schon 17.00 Uhr. Ich klettere nicht erst nach oben, sondern werde mir die Aussicht später auf dem Dia betrachten (mittlerweile ist sowieso schon wieder alles wolkenverhangen).
Wir steigen und seilen ab, beim Abseilen müssen wir zwei Felshaken, ein ohnehin zerschlissenes Seilende und aus unerfindlichen Gründen auch Christians Handschuhe zurücklassen.
20.00 Uhr sind wir wieder am Wandfuß angelangt, eine halbe Stunde später sind wir zurück am Zelt.

Dienstag 17.8. Ausgerechnet heute, wo kein Wecker klingelt, ist schon frühmorgens herrliches Wetter. Wir schlafen bis gegen 8.00 Uhr, dann bastelt Christian fast zwei Stunden um den Benzinkocher in Gang zu kriegen, aber es ist einfach nichts zu wollen. Schließlich kochen wir mit Gas, irgendwann möchte man ja auch mal frühstücken. Niemals würde ich mir einen MSR-XGK kaufen, viel lieber ziehe ich dann mit der guten alten Barthelbombe los, die hat mich bis jetzt noch nie so schändlich im Stich gelassen.
Gegen 12.00 Uhr haben wir dann alles zusammengepackt und ziehen los. Schnell gewinnen wir an Höhe, und schon bald könnte ich unserer Felsnadel, an der wir uns gestern so gemüht haben, problemlos auf den Gipfel spucken, wenn sie jetzt nur nicht so weit weg stünde.
Kurz nach 15.00 Uhr erreichen wir das obere Ende des Achsu-Gletschers, suchen uns einen Biwakplatz (3730 Meter), stellen unser Zelt auf und ziehen noch einmal los zu einem "Nachmittagsspaziergang".
Etwas ungläubig studieren wir die Karten, irgendwie widersprechen sich alle drei. Der Gipfel des Jusengi direkt über uns soll dreihundert Meter niedriger sein als wir momentan sind. Zwischen Biwakpaß und Achsupaß gibt es beim besten Willen nicht mehr als zwei Gipfel, also muß einer von den dreien: Achsu, Kleiner Schcheldy oder Fiskulturnik nur in den Köpfen von einigen Kletterführerautoren existieren. Auch bei der Beschreibung der Route vom Jusengi-Tal auf den Jusengi tun sich einige Ungereimtheiten auf, weil schon mal gar nicht genau klar ist, welches überhaupt der Jusengi ist.
Wir laufen erst mal zum Achsupaß (3830 Meter). Zum ersten Mal sehe ich auch die andere Seite des Gebirges, es ist in seiner ganzen Größe ziemlich überwältigend. Man kann schauen wohin man will, überall nur Berge, Täler, schneebedeckte Gipfel.
Wir queren ein Schneefeld und steigen auf den Gipfel direkt über unserem Biwak (3890 Meter hoch). Wie man ihn bezeichnet hängt ganz davon ab, welche Karte man zur Hand nimmt, nach Bender ist es der Jusengi-Nordgipfel. Von dort begutachten wir unseren Abstieg ins Jusengi-Tal. Sehr begeistert bin ich nicht davon, immerhin gibt es nach den verschiedenen Karten recht verschiedene Varianten, überall erscheint mir das Schneefeld recht steil und ob wir nun ausgerechnet den richtigen Weg erwischen ist fraglich.
Auf unserem Rückweg beobachten wir noch acht russische Bergsteiger, die aus unser Sicht recht gewagt am Berg herumturnen.

Achsu-Gletscher Mittwoch 18.8. Das Weckerklingeln um 5.30 Uhr morgens war nur als Fototermin gedacht. Die Sicht ist allerdings unbefriedigend und so wird ohne größere Unterbrechung weitergeschlafen. Das Frühstück bereite diesmal ich. Ich hätte es Christian sogar ans Bett gebracht, aber Christian steht lieber auf und wir frühstücken gemeinsam auf unserer "Terrasse". Es ist wirklich idyllisch hier, durch die Sonne ist es wunderbar warm, man kann weit sehen, es ist herrlich ruhig und wir sind ganz allein - so richtig wie Urlaub!! Nach dem Frühstück fühle ich mich erst mal etwas schlapp, aber gegen 11.00 Uhr brechen wir dann doch auf Richtung Biwakpaß (laut Karte 3920 Meter hoch).
Schneller als gedacht (nach 1 1/4 Stunde) kommen wir dort an und beschließen, den Pik Biwak zu besteigen, ein Berg, der ausnahmsweise öfter an ein und derselben Stelle in den verschiedenen Kletterführern und Karten eingezeichnet ist. Nach Bender ist das ein zweistündiges, ziemlich schwierig anmutendes Unternehmen (Querung unter Überhang...). Wir sind nach 20 Minuten oben, ohne irgendwelche Schwierigkeiten.
Von oben zeigt sich ein herrlicher Rundblick. Christian zieht mit der Kamera bewaffnet los, während ich das Gipfelerlebnis voll genieße. Das dem Berg mit 3995 Metern (laut Höhenmesser) nur 5 Meter zum Viertausender fehlen tut der Sache keinen Abbruch. Leider sitzen wir schon nach einer halben Stunde (12.30 Uhr) mitten in Wolken. Wir steigen wieder zum Paß ab und beschließen, auch noch den rechts vom Paß stehenden Gipfel (wir einigen uns darauf, daß es der Fiskulturnik sein könnte) zu besteigen.
Die Sicht verspricht zwar rein gar nichts, aber es ist nicht weit bis zum Gipfel und es ist diesmal ein richtiger Viertausender (4050 Meter laut Höhenmesser). Da es oben allerdings ziemlich weht und dann auch noch zu schneien anfängt, ist das Gipfelerlebnis nicht allzu überwältigend und wir steigen wieder ab.
Auch am Paß zieht es ganz schön, das Wetter scheint nicht unbedingt besser werden zu wollen und wir treten eilig den Rückzug an. Über das steile Schneefeld geht es besser als erwartet hinab. Unten angekommen ist noch ein kleiner Anstieg zu überwinden und bald sind wir, zwar schon ziemlich durchnäßt, aber noch vor dem eigentlichen Regenguß, am Zelt zurück.
Es ist erst 15.30 Uhr, aber bei solchem Mistwetter gibt es eigentlich nichts anderes als ab in den Schlafsack. Nachts ist es ganz schön stürmig, immer wieder rüttelt der Wind am Zelt, aber Christian meint, das sei nicht so problematisch und so schlafe ich schließlich beruhigt ein.

Donnerstag 19.8.Für heute ist der Abstieg ins Tal angesetzt. Gestern noch hatte ich mir mehr oder weniger mühsam die Vereinbarung erkämpft, daß wir bei schlechtem Wetter den bekannten Weg über den Schchelda-Gletscher absteigen. Ein kurzer Blick aus dem Zelt genügt (das Wetter ist genauso mistig wie gestern) und auch Christian plädiert für den Abstieg durchs Schchelda-Tal. Aber erst mal bleiben wir liegen. Der kurze Ausflug zur Toilette hat gezeigt, daß es draußen einfach unangenehm ist. Wir essen unseren Pudding und schwatzen. Gegen 11.30 Uhr stellen wir fest, daß wir wenn heute überhaupt noch, so langsam los müßten.
12.30 Uhr ist dann alles gepackt und los geht es. Für den Abstieg vom Achsu- Gletscher (ca 800 Höhenmeter) benötigen wir nur reichlich 1 1/2 Stunden, das läßt hoffen, daß wir noch heute in Terskol ankommen werden. Diesmal vermeiden wir den Eisbruch und gehen oberhalb des Aristow-Biwaks hinter der Moräne entlang. Dort gibt es auch wunderschöne Biwakplätze mit viel Gras und Blumen.
Die erste Hälfte über den Schchelda-Gletscher geht noch ganz gut, aber dann fängt es an, mühsam zu werden. Als wir dann noch den Weg vom Gletscher zum Zeltlager nicht recht finden, und uns immer wieder über und durch neue Gesteinslabyrinte kämpfen, habe ich die Geröllhopserei endgültig satt. Vom Zeltlager weg geht es dann zum Glück wieder besser und in einer Stunde sind wir beim Alplager Schchelda. Von da noch eine reichliche halbe Stunde bis vor zur Straße, und wir stehen wieder da, wo wir vor zwölf Tagen voller Elan aus dem Bus gestiegen sind.
Wir versuchen zu trampen, zunächst scheint es aussichtlos, aber dann werden doch noch eingesammelt und mit Zwischenstop bei den schwefelhaltigen Quellen (Narsan) direkt nach Terskol gebracht.
Frau Kurdanowa empfängt uns gleich mit der traurigen Nachricht, daß Robert immer noch nicht eingetroffen ist. Heute sind im Haus noch zwei Enkel und die andere Schwester da. Wir bekommen erst mal ein Abendbrot (Suppe und Krapfen), Christian unterhält sich ein wenig, ich bekomme eine Rüge für mein schlechtes Russisch - dabei sehe ich schon minimale Fortschritte!


Wie es weitergeht, lesen Sie im Teil 2, nur einen Mausklick entfernt.

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