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Nanga-Parbat-Expedition 2004

03.07.2004
Der ausführliche Gipfelbericht (Teil 4 - Unerwartete Hilfe)
Als die Sonne die Zelte des Lagers 3 erreicht, sind wir schon längst beim Schneeschmelzen und Kochen. Jens hat sich über nacht ausgezeichnet erholt und es geht ihm schon um Dimensionen besser, als noch einen Tag zuvor. Wir sind das erste Mal nach dem Gipfel nicht so angespannt, denn nun ist klar, daß wir alle den restlichen Teil des anstrengenden Abstiegs gut und ohne Probleme hinter uns bringen werden. Die Anspannung und Ungewißheit ist heftigem Eifer gewichen. Wir wollen heute auf alle Fälle bis zum Lager 2 absteigen, dort dann live entscheiden, ob zwei von uns schnell genug sind, um eventuell sogar den langen Weg bis ins Lager 1 zu schaffen. Jedoch drängt uns nichts und das Wichtigste ist ohnehin, sicher nach unten zu gelangen, ohne Jens zu überanstrengen. Plötzlich kommt aus dem Nachbarzelt der beiden Österreicher die Frage, ob Jens schon abmarschfertig sei. Man würde ihn schon mitnehmen und dann den Rettern übergeben. Welchen Rettern? Zwar freuen wir uns über das Hilfsangebot, aber verstehen zunächst erst mal Bahnhof. Seit unser eigenes Funkgerät bei Markus Sturz verlorengegangen ist, kommunizieren wir mit dem Basislager nur mit Hilfe des Gerätes der Österreicher. Das ist zwar auch nicht so schlimm, denn viel gibt es nicht zu sagen und hier oben konnte uns bisher ohnehin niemand helfen, doch scheinbar haben wir irgendwas verpaßt und müssen nun erst mal Klarheit schaffen. Wir erbitten das Funkgerät und funken ins Basislager. "Rechnet ihr etwa nicht mit den aufgestiegenen Bergsteigern der Edelweiss-Expedition als Unterstützung?" fragt uns Gerhard Baur aus dem Basislager ganz ungläubig. Scheinbar hat sich ohne unser Wissen vom Basislager aus eine richtige Rettungsexpedition in Bewegung gesetzt. Betreten schauen wir uns an. Wir wollten doch den Österreichern auf keinen Fall ihre Gipfelchance verbauen und außerdem ist inzwischen doch gar keine Hilfe oder gar Rettung mehr nötig! Das ist so ein bißchen wie mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Naja, besser so als anders herum! Allerdings: man hätte uns ja wenigstens vorher mal über Funk fragen oder wenigstens informieren können. Zum Glück reduziert sich das Problem schnell: von den sieben aufgebrochenen Rettern haben aus gesundheitlichen Gründen nur 2 das Lager 2 erreicht haben. Und zunächst müssen wir ohnehin vom Lager 3 erst einmal bis dorthin. Die beiden Österreicher, die mit uns hier oben sind, zeigen sich auch fest entschlossen, uns zu helfen. Sie begleiten also Jens und Jörg gegen 10 Uhr nach unten in Richtung Lager 2. Christian und Markus folgen eine Stunde später mit dem Hauptteil unseres Gepäcks in großen Rucksäcken. 10 Minuten oberhalb unseres Lagers 2 begegnen wir dann plötzlich den von unten kommenden Österreichern. Markus und Jens bekommen ihre Rucksäcke abgenommen. Wenige Minuten später sind wir im Lager 2, wo wir eine ausgiebige Pause einlegen. Die Österreicher bestehen nun darauf, Jens sofort bis ins Lager 1 hinunterbringen zu dürfen. Eine solche Marathondistanz ist für einen stark erschöpften eigentlich auf keinen Fall an einem Tag zumutbar, doch zum Glück ist Jens schon wieder soweit erholt, daß wir dem Wunsch ohne größere Befürchtungen zustimmen können. Eine weitere Nacht zur Erholung im Lager 2 täte ihm zwar unserer Meinung nach besser, doch die Österreicher haben sich so liebenswürdig und mit soviel Engagement ihrer selbst gestellten Aufgabe angenommen, daß wir uns überreden lassen. Also brechen Jens und Jörg gegen 13 Uhr erneut auf und seilen in Begleitung der Österreicher ab in Richtung Lager 1. Zunächst wird Jens über schwierige Passagen am Seil hinuntergelassen, doch das Halten des Gleichgewichts kostet ihn soviel Kraft , daß er das Abseilen dann später lieber selber in die Hand nehmen möchte... Parallel dazu bricht vom Basislager Arta Preuß, die Ärztin der Kunstexpedition, die extra noch einen Tag länger im Basislager geblieben ist, in Begleitung von unserem Koch Jehangir und zweier anderer Bergsteiger in Richtung Lager 1 auf, um Jens dort notfalls medizinischen Beistand zu leisten. Gegen 17.30 Uhr erreicht Jörg als erster der von oben kommenden das Lager 1 und trifft dort auf Arta, Jehangir und die anderen. Schon nach etwa halbstündiger Rast geht es für Jörg weiter in Richtung Basislager, wo er gegen 20 Uhr ankommt. Jens erreicht daß Lager 1 in Begleitung der Österreicher gegen 18.30 Uhr und wird sofort von Arta in Empfang genommen. Sie verabreicht ihm eine Infusion und verordnet eine Stunde Ruhe, ehe es dann nochmals weitergehen soll. Im letzten Dämmerlicht bricht eine große Karawane im Lager 1 auf, die sich im Lichte der Stirnlampen im Schneckentempo über den Gletscher bewegt. Jens' Kräfte sind trotz der Infusion inzwischen schon völlig erlahmt. Die lange Distanz ohne Pause hat ihn doch sichtlich überfordert, so daß er gestützt und später sogar getragen werden muß. Gegen 23.30 erreichen schließlich alle glücklich das Basislager. Jetzt sind nur noch Markus und Christian oben am Berg. Im Lager 2 ruhen sie sich seit Mittag von den anstrengenden letzten Tagen aus und haben sich inzwischen schon gut erholt. Christian pflegt Markus' Wunden und sie bereiten sich auf den Abstieg am folgenden Tag vor, indem Christian schon das zweite Zelt abbaut, zusammenpackt und des Gepäck für den nächsten Tag vorbereitet, während Markus kocht. Das Wetter, welches schon den ganzen Nachmittag über eher mies ist, verspricht für den nächsten Tag auch wieder besser zu werden...
Markus Walter
Basecamp, 08.07.2004
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