Ak-Shiirak - Skiabenteuer Tienschan 2003

Im April 2003 startete der Alpinclub Sachsen eine Skiexpedition in das =>Tienschan Gebirge zur Erkundung der nahezu unbekannten =>Ak-Shiirak Gruppe. Dazu mußte zunächst die nördlich davor liegende Terskey-Ala-Tau Kette überwunden werden. Der folgende Kurzbericht beschreit die wesentlichen Ereignisse der Expedition. Detailiertere Einblicke gestattet unsere =>Chronik.

Nach unseren umfangreichen Recherchen war die Ak-Shiirak Gruppe zwar in den sechziger und siebziger Jahren von Meteorologen, Geologen und Gletscherforschern systematisch erforscht worden, es wurden jedoch keine bedeutenden Gipfel bestiegen.
So kommt es, daß zwar das Klima und die Gletscherbewegungen der Gebirgsgruppe sehr gut erforscht sind, aber selbst der höchste Berg der Gruppe bis heute noch keinen offiziellen Namen hat und nur unter P5150 geführt wird.

Team
Thomas Niederlein aus Malsch, geb. 1967 in Dresden
Bisherige Bergbesteigungen: Teilnehmer Batura-Expedition 2002, Besteigung Laila Peak (Himalaya) 5971m , Tarpu Chuli 5500m (Annapurna Himal), viele weitere Bergfahrten in Kaukasus, West und Ostalpen
Anne Walter aus Dresden, geb. 1971 in Halle
Bisherige Bergbesteigungen: Teilnehmerin Broad Peak Expedition 1995, Besteigung Laila Peak (Himalaya) 5971m , Tarpu Chuli 5500m (Annapurna Himal), Erstbesteigungen im Tienschan und viele weitere Bergfahrten in Kaukasus, Afrika, Alpen und Tatra
Christian Walter aus Dresden, geb. 1970 in Weimar
Ausbilder Bergwacht Sachsen
Bisherige Bergbesteigungen: Teilnehmer Batura-Expedition 2002, Gasherbrum II (Karakorum) 8035m , Pik Korshenewskaja (Pamir) 7105m, Chan Tengri (Tienschan) 6995m sowie viele weitere Bergfahrten in Tienschan, Karakorum, Himalaya, Kaukasus, Alpen und Tatra
Sven Zschoche aus Königstein, geb. 1967 in Pirna
Fachübungsleiter Felsklettern,
Bisherige Bergbesteigungen: Erstbesteigungen im Tienschan, viele weitere Bergfahrten in den Alpen
Expeditionsbericht
Der Allrad-LKW wühlt sich durch eine Mischung aus Schlamm und tiefem Schnee, mehrfach droht er seitlich vom Weg abzurutschen. Irgendwann ist endgültig Schluss und wir laden Rucksäcke und Ski ab, verabschieden uns von Anatoli, unserem Fahrer. In 14 Tagen soll er uns am Fusse der entlegenen Ak-Shiirak-Berge wieder abholen. Was uns bis dahin erwartet, können wir nur erahnen, lediglich von drei Dingen können wir mit hoher Sicherheit ausgehen: wir werden keinen Menschen treffen, die schweren Rucksäcke werden das Skifahren zur Plage machen und ausserdem werden wir erbärmlich frieren.
Der zentrale Tienschan gilt als eine der kältesten Gegenden der Erde. Mit einer Jahresmitteltemperatur von -7 C ist es in der Ak-Shiirak-Gruppe deutlich kälter als auf der Nordmeerinsel Novaja Semlja und nur 2 Grad wärmer als an der russischen Antarktistation Mirny. Die tiefste hier jemals gemessene Temperatur beträgt -59 °C. Entsprechend warm haben wir uns ausgerüstet: dicke Daunenschlafsäcke, Handschuhe und Dauenenjacken sorgen aber leider auch für ein für das Skifahren nicht unerhebliches Rucksackgewicht von 26 Kilogramm. Der einzige Trost ist, dass dieses jeden Tag um 800 Gramm abnehmen wird.

Die ersten beiden Marschtage steigen wir mit unseren Tourenski im langen und tief verschneiten Tal Chon-Kyzyl-Suu nach oben. Am Anfang säumen noch riesige Fichten unseren Weg, im Sommer muss das eine traumhafte Wandergegend sein. Weiter oben wird es imer karger und nach einer mühsamen Schlacht mit dichtem Dornengestrüpp erreichen wir das rechte Hochtal mit seinem Gletscher Aschu Tor.
Hier fesseln uns Schneesturm und ein halber Meter Neuschnee für einen Tag ans Zelt, bevor wir am 9. April die Passüberschreitung in Angriff nehmen. Die Sicht ist schlecht, es schneit immer wieder, doch mit Hilfe eines Fotos und eingezeichneter Sommerroute finden wir uns trotzdem recht gut bis hoch zum 4164 Meter hohen Pass. Dort stürmt und schneit es so heftig, dass eine Abfahrt auf der anderen Seite nicht in Frage kommt. Wir schlagen die Zelte direkt auf dem Pass auf.

Der nächste Morgen beschert uns Sonnenschein und einen ersten Blick auf unser Ziel, die Ak-Shiirak-Gruppe. Es hat wieder 30 cm geschneit und die Abfahrt über den südlichen Aschu-Tor Gletscher ist vergleichsweise flach und spaltenarm. So ist eine flotte Schussfahrt angesagt. Zum Glück erkennen wir noch rechtzeitig, dass der Gletscher am Ende 20 Meter tief in einen zugefrorenen See abbricht.
Wir umgehen den See und fahren noch weiter nach unten ins flache Quellgebiet des Irtasch. Dort finden wir unterm Schnee fliessendes Wasser und errichten auf einem kleinen Hügel unsere Zelte. Es schneit schon wieder.
Es stürmt und schneit bis zum nächsten Mittag und wir bleiben am Zelt. Als es danach aufreisst und die Sonne herauskommt machen sich Sven, Thomas und Christian noch schnell auf den Weg, um einen der umliegenden Berge zu besteigen. Es gelingt ihnen, einen lawinensicheren Aufstieg auf den 4117 Meter hohen Südgipfel eines langgezogenen unbenannten Berges zu finden. Die Abfahrt ist im bodenlos tiefen und oberflächig verblasenen Schnee allerdings alles andere als genußvoll.

SkifahrerNach einer extrem kalten Nacht folgt ein traumhafer Tag, windstill und wolkenlos. Wir überschreiten mehrere sanfte Bergrücken um am Nachmittag dann über mäßig steile Hänge zum tief zugefrorenen Petrov-See hinunterzufahren und an seinem Ufer unsere Zelte aufzuschlagen. Der auf 3500 Meter Höhe gelegene See bildet den Abschluß der Petrov-Gletscers und füllt das gleichnamige Tal in seiner ganzen Breite von bestimmt 2 Kilometern aus.

Wärend Anne und Thomas den nächsten Tag zum "Strandurlaub" nutzen, unternehmen Sven und Christian eine große Erkundungstour auf dem nördlichen Arm des Petrovgletschers. Wir legen insgesamt 23 km und 1500 Höhenmeter zurück, erreichen den nördliche Dschaman-Suu-Pass verzichten aber aufgrund der unsicheren Schneeverhältnisse auf die Besteigung eines der umliegenden Gipfel. Gegen Abend verschlechtert sich das Wetter wieder deutlich und am nächsten Tag verhindern Sturm und Nebel weitere Aktivitäten.
Am nun folgenden Tag wollen wir unser Camp auf den Südarm des Petrov-Gletschers versetzen. Dies erweist sich durch die vielen zu querenden Spalten als deutlich aufwendiger, als angenommen. In einer Höhe von 4090 m finden wir einen geeigneten Platz für unsere Zelte.

P4835
 Der Petrov-Gletscher wird von P4835 dominiert. Obwohl er vom Alpine Club of Kyrgystan als noch unbestiegen registriert ist,
 fanden wir auf seinem Gipfel einen Steinmann vor.

Von da aus starten Sven und Christian am 16.4., um den dominierenden Gipfel des gesamten Gebietes zu ersteigen. Mit Ski steigen wir in einem Bogen, lawinengefährdete Passagen sorgsam meidend, bis zum Beginn einer zerklüfteten Felsgrippe. Zügig geht es in mäßig schwieriger Kletterei weiter nach oben. Abweisend glatte Platten erfordern dann doch zumindest eine Seillänge lang eine ordentliche Sicherung, die restlichen 400 m werden frei geklettert.
Das steile Blankeisfeld auf den letzten 80 Höhenmetern stellt nach den Erfahrungen vom Dschaman-Suu-Pass keine echte Überraschung dar - wir haben auch die Eispickel von Anne und Thomas dabei und mit je zwei Eisgeräten wird auch der letzte steile Aufschwung rasch überwunden. 4835 m zeigt der Höhenmesser. Der Traum von einer Erstbesteigung zerschellt an einem winzigen Steinmann - also waren doch andere schon vor uns hier. Der Sturm schleudert uns spitze Eiskristalle ins Gesicht, die Sicht ist auch nicht besonders und so sehen wir zu, daß wir schnell wieder herunterkommen.
Wir seilen ein kleines Stück ab und steigen dann links unserer Aufstiegsroute durch einen steilen felsdurchsetzten Schneehang ab. Das ist technisch einfacher, wäre aber im Aufstieg aufgrund des tiefen Schnees extrem mühsam gewesen. Eine diffizile Querung, bei der wir noch einmal das Seil auspacken, bringt uns zurück zum Skidepot. Die anschließende Abfahrt zum Zelt ist ein richtiger Genuß und unten sind wir dann auch wieder richtig warm, selbst wenn das Thermometer am späten Nachmittag schon wieder -9 °C anzeigt.

Auch der nächste Tag bringt Sturm und schlechte Sicht und so beschließen wir, uns einen Tag eher auf den Rückmarsch zu begeben um den mit Anatoli vereinbahrten Treffpunkt auf jeden Fall auch pünktlich zu erreichen. Wir fahren wieder hinunter zum See und weiter an seinem Ufer talauswärts. Nach einigen Stunden erreichen wir das Gelände der Goldmine Kumtor und es dauert nicht lange, da hat uns der Werkschutz entdeckt.
Sie staunen nicht schlecht als sie erfahren, wo wir zu dieser Jahreszeit herkommen. Dann fahren sie uns freundlicherweise noch zu unserem Treffpunkt, der ehemaligen meteorologischen Station, wo wir zum letzten Mal unsere Zelte aufbauen.
Zeitig am nächsten Morgen erscheint bereits Anatoli mit seinem LKW und über den Barskaun-Pass, der von den Arbeitern der Goldmine mit gewaltiger Räumtechnik auch im Winter befahrbar gehalten wird, erreichen wir wieder die Stadt Karakol.

Weitere Informationen

*Linkliste Tienschan
*Gebiet Ak-Shiirak
*Detailierte Expeditionschronik Teil 1 - Vorbereitung
*Teil 2 - Bischkek bis Petrovsee und
*Teil 3 - Petrovsee bis Rückfahrt



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